Die sogenannte Hebelwirkung macht Optionsscheine zu einer attraktiven und zugleich riskanten Anlagemöglichkeit. Denn mit geringen Einsätzen lassen sich hohe Renditen erzielen. Bei einer ungünstigen Entwicklung geschieht allerdings genau das Gegenteil und das eingesetzte Kapital geht verloren. Daher ist entsprechendes Vorwissen für den Handel mit Hebelprodukten unerlässlich. Ob diese sich für Ihr Depot lohnen und wie Sie die besten finden, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Optionsscheine gehören in die Kategorie der Derivate. So werden Finanzprodukte genannt, die sich immer auf einen Basiswert beziehen. Die Gewinnchancen sind zwar sehr hoch, aber auch das Verlustrisiko. Deswegen eignen sich Derivate insbesondere für erfahrene und risikofreudige Anleger. Ein Optionsschein ist immer mit einem dieser Basiswerte verknüpft:
Erwerben Sie einen Optionsschein, sichern Sie sich damit ein Recht: Sie haben die Option, den Basiswert zu einem bestimmten Preis zu kaufen oder zu verkaufen. Den Basiswert selbst erwerben Sie hingegen nicht. Sie erhalten also keine Aktien – im Gegensatz dazu ist ein Barausgleich vorgesehen.
Welche Summe Ihnen zusteht, lässt sich leicht errechnen. Dafür wird der innere Wert des Optionsscheins bestimmt. Er ergibt sich aus der Differenz zwischen dem aktuellen Aktienkurs und dem Basispreis des Optionsscheins multipliziert mit dem Optionsverhältnis. Dieser Betrag geht als besagter Barausgleich an Sie, wenn Sie vom Recht des Optionsscheins Gebrauch machen.
Eine weitere wichtige Größe ist der Zeitwert von Optionsscheinen. Diesen ermitteln Sie, indem Sie den inneren Wert vom Optionsscheinkurs abziehen. Der Zeitwert wird durch die Restlaufzeit, das Marktzinsniveau, Dividendenzahlungen des Basiswerts und die Volatilität des Basiswerts beeinflusst. Die Volatilität ist das Maß dafür, wie stark ein Wertpapier schwankt. Je länger die Restlaufzeit und je höher die Volatilität sind, desto größer ist der Zeitwert.
Gut zu wissen: Der innere Wert und der Zeitwert bestimmen gemeinsam den Wert des Optionsscheins.
Der Reiz von Optionsscheinen besteht darin, dass Sie auch mit einem geringen Kapitaleinsatz überproportional vom Kurs des Basiswerts profitieren können. Das wird als Hebelwirkung bezeichnet. Ändert sich der Kurs des Basiswerts, steigt oder fällt der Kurs des Optionsscheins um ein Vielfaches. Daher werden Optionsscheine als Hebelprodukte bezeichnet. So lautet der Überbegriff für teils hochriskante Wertpapiere, die sich auf Kurse anderer Werte beziehen. Namensgebend ist der Hebel, bei dem es sich um den Faktor handelt, um den Gewinne oder Verluste multipliziert werden. So kann beispielsweise der Kurs des Basiswerts um 1 Prozent steigen, der des Hebelprodukts aber um 10 Prozent.
Als Inhaber eines Optionsscheins können Sie sowohl auf einen steigenden als auch auf einen fallenden Kurs des Basiswerts setzen. Aus diesem Grund gibt es 2 Arten von Optionsscheinen. Erwarten Sie, dass der Kurs des Basiswerts steigt, erwerben Sie einen Call-Optionsschein. Sie erlangen damit das Recht, den Basiswert zu einem im Vorfeld festgelegten Preis zu kaufen. Dieses Recht wird als „Call“ bezeichnet. Liegen Sie mit Ihrer Prognose richtig und der Basiswert vollzieht eine positive Entwicklung, erzielen Sie Gewinn. Die Höhe der Marge hängt von der Hebelwirkung, also vom vorher festgelegten Faktor, ab.
Das Gegenstück dazu ist ein Put-Optionsschein. Für diesen entscheiden Sie sich, wenn Sie einen fallenden Kurs vermuten. Sie sichern sich die Option, den Basiswert zu einem im Vorfeld vereinbarten Preis zu verkaufen. Sinkt der Kurs, profitieren Sie mit Ihrem Put-Optionsschein davon. Es gibt jedoch eine natürliche Gewinngrenze, da der Kurs niemals unter 0 fallen kann. Anders verhält es sich bei Call-Optionsscheinen, denn einem Anstieg ist theoretisch kein Limit gesetzt. Gemeinsam haben beide Varianten das maximale Verlustrisiko: Es beschränkt sich auf den eingesetzten Betrag. Machen Sie nicht von dem Recht Gebrauch, das durch den Optionsschein entsteht, verfällt es am Ende.
Einen Optionsschein kennzeichnen 4 Merkmale. Der Basiswert bestimmt, ob sich der Optionsschein auf einen Index, eine Aktie, eine Devise, eine Anleihe oder einen Rohstoff bezieht. Eine weitere wichtige Größe ist der Basispreis. Von ihm hängt ab, zu welchem Preis der Besitzer des Optionsscheins den Basiswert erwerben oder verkaufen darf. Oftmals ist für die Ausübung des Rechts mehr als nur ein Optionsschein erforderlich. Wie viele benötigt werden, sagt das Bezugsverhältnis aus. Beispielsweise bedeutet ein Bezugsverhältnis von 100 zu 1, dass Sie 100 Optionsscheine brauchen, um eine Aktie kaufen zu können.
Das Funktionsprinzip von Optionsscheinen lässt sich anhand von Beispielen leichter nachvollziehen. Gehen wir zunächst von einem Call-Optionsschein für eine Aktie aus. Der Anleger erwartet demnach einen künftigen Kursanstieg. Er erwirbt einen Optionsschein mit einem Basispreis von 50 Euro sowie einer Optionsprämie von 10 Euro. Wir gehen dabei von einem Bezugsverhältnis von 1 aus.
Gut zu wissen: Optionsprämie ist ein Alternativbegriff für den Preis, den der Anleger für den Optionsschein zahlt.
Liegt der Kurs der Aktie zum Fälligkeitsdatum bei mindestens 50 Euro, steht dem Anleger das Recht auf eine Auszahlung zu – und zwar in Höhe der Differenz zwischen dem Aktienkurs und dem Ausübungspreis. Im Beispiel klettert der Kurs bis zum Ende der Laufzeit auf 80 Euro. Dem Inhaber des Optionsscheins würde deshalb eine Auszahlung in Höhe von 20 Euro zustehen:
In diesem Fall hätte der Anleger mit dem Call einen Gewinn von 100 Prozent eingefahren. Der direkte Erwerb der Aktie wäre mit einem etwas geringeren Plus von 60 Prozent einhergegangen. Er hätte sich das Wertpapier für 50 Euro gesichert und durch den Wertanstieg profitiert.
Im zweiten Beispiel betrachten wir den Kauf eines Put-Optionsscheins. Hier geht der Käufer von einem fallenden Kurs aus, sodass er den Basiswert zum höheren Basispreis verkaufen könnte. Er zahlt dafür ebenfalls eine Optionsprämie in Höhe von 10 Euro. Der Basispreis beträgt 60 Euro, während das Bezugsverhältnis erneut bei 1 liegt. Zum Ende der Laufzeit ist der Kurs der Aktie auf 35 Euro gefallen und liegt deutlich unter dem Basispreis. Somit stehen dem Käufer des Optionsscheins zum Fälligkeitsdatum 15 Euro zu:
Der Handel mit Optionsscheinen ist bei Wertpapierhäusern, Banken, Online-Brokern und direkt an der Börse möglich. Herausgeber von Optionsscheinen werden als Emittenten bezeichnet. Zu den bekanntesten Institutionen in diesem Bereich zählt die European Warrant Exchange (EUWAX), die zur Stuttgarter Börse gehört. Über sie läuft der größte Teil des Handels ab. Erwerben Sie einen Optionsschein, ist dieser entweder mit einer International Securities Identification Number (ISIN) oder einer Wertpapierkennnummer (WKN) versehen. Daran lässt sich der Optionsschein eindeutig identifizieren.
Um mit Optionsscheinen handeln zu dürfen, sind 2 Voraussetzungen zu erfüllen. Einerseits benötigen Sie ein Depot bei einer Bank oder bei einem Broker. Andererseits wird eine Finanztermingeschäftsfähigkeit verlangt. Damit ist die Erlaubnis gemeint, Optionsscheine erwerben zu dürfen. Diese erhalten Sie recht unkompliziert. Dazu werden Ihnen vom Broker oder von der Bank Informationen und Hinweise zum Handel mit Optionsscheinen ausgehändigt. Anschließend müssen sie bestätigen, dass sie diese erhalten haben und über die Risiken des Optionshandels wie beispielsweise das Totalverlustrisiko aufgeklärt wurden.
Optionsscheine sind also nicht für jeden Anleger geeignet. Denn als Hebelprodukte bergen sie besondere Risiken. Zwar lässt sich auch mit einem geringen Einsatz überproportional von einer Kursänderung profitieren, doch auch ein Totalverlust ist möglich, wenn die Erwartungen nicht eintreffen. Vereinfacht gesagt sind Optionsscheine Wetten auf ein bestimmtes Ereignis. Deshalb gelten sie als spekulatives Finanzprodukt. Setzt der Anleger darauf, dass eine Aktie mit einem Basispreis von 50 Euro im Wert steigt, und sie fällt stattdessen unter diese Grenze, geht sein investiertes Geld verloren. Denn niemand hat Interesse, sich eine solche Option zum Kauf der Aktie zu sichern. Damit ist der Optionsschein wertlos, aber die Gebühren sind dennoch zu zahlen. Zu einem Verlust kommt es für den Anleger auch, wenn der Kurs des Basiswerts am Datum der Fälligkeit so nahe am Basispreis liegt, dass die Kosten den Gewinn übersteigen.
Ob Optionsscheine zu Ihrem Depot passen, hängt von Ihrer Anlagestrategie ab. Hat Sicherheit für Sie oberste Priorität und planen Sie langfristig, sind Hebelprodukte weniger geeignet. Einerseits gelten Optionsscheine als riskant, da Sie im ungünstigsten Fall das eingesetzte Kapital verlieren. Andererseits handelt es sich um eine kurzfristige Anlagemöglichkeit, denn die Laufzeit beträgt zumeist maximal 2 Jahre.
Sind Sie jedoch risikobereit, bieten Ihnen Hebelprodukte attraktive Chancen. Dank des Hebels können Sie überproportional von der Kursentwicklung des Basiswerts profitieren. Je größer die Differenz zum festgelegten Basiswert ausfällt, umso höher ist der Wert des Optionsrechts. Mit einem geringen Kapitaleinsatz sind attraktive Gewinne möglich. Sie können mehr Rendite erzielen als bei einer Investition in den Basiswert. Investieren Sie allerdings nicht zu viel Geld in Hebelprodukte, wenn Sie mit dem Handel von Optionsscheinen noch unerfahren sind – ein guter Richtwert sind 5 bis maximal 10 Prozent Ihres zur Verfügung stehenden Kapitals.
Es lohnt sich noch aus einem anderen Grund, nach geeigneten Optionsscheinen für Ihr Depot zu suchen. Sie können auf steigende und auf fallende Kurse setzen. Damit sind Sie unabhängig von der Marktentwicklung, denn Gewinne können Sie auch bei negativer Markttendenz einfahren. Erwerben Sie stattdessen Aktien, sind Sie auf einen Kursanstieg angewiesen.
Tipp: Optionsscheine können im Depot als Schutz vor Kursverlusten dienen. Fallen Aktien im Wert, gleichen Put-Optionsscheine das aus, da sie dadurch an Wert zulegen.
Geeignete Optionsscheine finden Sie zum Beispiel mithilfe von Online-Tools. Sie werden als Optionsscheinfinder bezeichnet. Diese stehen Ihnen vor allem auf Finanzportalen sowie auf den Homepages von Emittenten und Brokern zur Verfügung. Inzwischen werden auch entsprechende Apps angeboten. Bevor Sie einen dieser Optionsscheinfinder nutzen, beantworten Sie sich folgende Fragen:
Daraufhin legen Sie im Optionsscheinfinder die Parameter Basiswert, erwartete Kursentwicklung und Laufzeit fest. Um noch gezielter nach Optionsscheinen zu suchen, können Sie weitere Kriterien wie etwa die gewünschte Hebelwirkung bestimmen.
Gut zu wissen: Das Aufspüren von Optionsscheinen mithilfe von Optionsscheinfindern ist grundsätzlich kostenlos möglich.
Doch welche Optionsscheine sind die besten und für welche sollen Sie sich entscheiden? Wie auch bei anderen Finanzprodukten ist eine pauschale Antwort im Grunde nicht möglich. Es kann helfen, sich an den meistgehandelten Optionsscheinen zu orientieren. Da sich aber auch die Masse irren kann, ist dieser Ratschlag mit einem Vorbehalt zu versehen. Wenn Sie Optionsscheine suchen, die Chancen bieten, beachten Sie die nachstehenden Hinweise:
Wegen ihrer hohen Risiken sind Optionsscheine nicht für jeden Anleger empfehlenswert. Der Handel mit Derivaten erfordert Erfahrung und Marktkenntnis – auch, um die für Laien oftmals intransparent wirkende Preisbildung zu verstehen. Wer die ersten Schritte wagen möchte, sollte nicht mehr als 5 bis maximal 10 Prozent seines Kapitals dafür aufwenden. Ein Optionsscheinfinder hilft bei der Suche. Es kann sich lohnen, auf die meistgehandelten Optionsscheine zu setzen – das ist jedoch nur ein Anhaltspunkt, keine uneingeschränkte Empfehlung.
Wegen ihrer kurzen Laufzeit von meist maximal 2 Jahren eignen sich Optionsscheine primär für Investoren mit einem kurzen Anlagehorizont. Zur Zielgruppe zählen jene, die für hohe Gewinnchancen größere Verluste in Kauf nehmen. Trotz aller Risiken eignen sich Hebelprodukte schließlich auch dazu, vorübergehende Kursverluste auszugleichen. Denn mit Optionsscheinen können auch bei negativen Markttendenzen Gewinne erzielt werden.