Ein Unternehmen gibt neue Aktien aus, um sein Kapital zu erhöhen. Für die Aktieninhaber sind dann Bezugsrechte von Bedeutung. Sie ermöglichen ihnen, sich eine bestimmte Anzahl der neuen Anteile vor allen anderen Käufern zu sichern. Dabei wird von einer Bezugsrechtsemission gesprochen. Aus welchen Gründen diese Rechte bestehen und wann Sie diese ausüben können, erfahren Sie im Folgenden. Zudem lesen Sie, welche Rolle in diesem Zusammenhang das sogenannte Bezugsverhältnis spielt und was Sie als Anleger noch über diese Thematik wissen müssen.
Eine Aktiengesellschaft (AG) stellt Wertpapiere zur Verfügung, die Sie als Investor an der Börse erwerben können. Sie beteiligen sich damit am Unternehmen, das mit Ihrer Hilfe weitere Einnahmen generiert. Dieses Geld kann genutzt werden, um
Die AG hat außerdem die Möglichkeit, Kapitalerhöhungen durchzuführen. Das bedeutet, dass sie neue Aktien ausgibt, um weiteres Geld einzunehmen. Durch diesen Schritt setzt sich das Grundkapital aus einer größeren Anzahl an Wertpapieren zusammen. In der Konsequenz würden sich die Anteile und das Stimmrecht all jener reduzieren, die bereits Aktien halten. Dieses als Verwässerung bezeichnete Szenario hätte für die Altaktionäre Nachteile zur Folge.
Davor schützt sie das Bezugsrecht, das in Paragraf 186 Aktiengesetz (AktG) festgelegt ist. Durch dieses Recht dürfen die Altaktionäre so viele der jungen Aktien kaufen, dass sie ihren bisherigen Anteil am Grundkapital des Unternehmens aufrechterhalten können. Es lässt sich daher auch von einem Vorkaufsrecht sprechen. Die AG profitiert von diesem Prinzip, da die Aktionäre zumeist von ihrem Bezugsrecht Gebrauch machen. Sie erwerben weitere Aktien, wodurch dem Unternehmen das Geld zeitnah zur Verfügung steht.
Neben dem klassischen Bezugsrecht gibt es auch ein mittelbares Bezugsrecht. Entscheidet sich eine AG dafür, kommt es zu einem Zwischenschritt. Dieser sieht vor, dass zunächst eine Bank die neuen Aktien erwirbt, um sie anschließend den Altaktionären anzubieten.
Bevor ein Bezugsrecht angewendet wird, erhöht das Unternehmen zunächst sein Grundkapital. Dafür ist ein Beschluss im Rahmen der Hauptversammlung notwendig. Im Zuge dessen bestimmen die Aktionäre, zu welchem Kurs die neuen Aktien ausgegeben werden. Festzulegen ist zudem der Emissionszeitpunkt. Ab diesem gilt die Bezugsfrist, die mindestens 14 Tage beträgt. Mit Ausklammern der Wochenenden entspricht das insgesamt 10 Handelstagen. Innerhalb dieser Dauer dürfen die Altaktionäre sich zwischen diesen beiden Optionen entscheiden:
Während der Bezugsfrist können die neuen Aktien nur von den Altaktionären erworben werden. Nach Ablauf dieser Phase sind sie frei verkäuflich. Bezugsrechte sind wie Wertpapiere zu betrachten. Sie erhalten daher auch eine Wertpapierkennnummer (WKN), sodass ein Handel mit ihnen möglich ist.
Wer Bezugsrechte verkaufen möchte, kann in diesem Fall seinen Broker kontaktieren oder er wendet sich an die Bank, bei der er sein Depot eingerichtet hat. Das ist der übliche Weg für Kleinanleger. Bei größeren Kontingenten lassen sich Bezugsrechte auch direkt an der Börse veräußern.
Für den Verkauf von Bezugsrechten fallen Steuern an, wenn die Aktien ab 2009 erworben wurden. Das Finanzamt geht von 0 Euro Anschaffungskosten für die Rechte aus. Daher ist der gesamte Erlös zu versteuern. Die Abgeltungssteuer beträgt 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer. Bei Aktien, die schon vor 2009 zum Depot gehörten, werden Gewinne hingegen steuerfrei behandelt.
Sollte der Aktionär nichts unternehmen, verkauft die Bank die Bezugsrechte automatisch nach Ablauf der 14-tägigen Frist. Der Aktienkurs sinkt zunächst, da durch die Kapitalerhöhung eine größere Anzahl an Aktien vorhanden ist. Daher bedeutet der automatische Verkauf für den Anleger zumeist einen Nachteil. Möchte der Altaktionär kein weiteres Geld in das Unternehmen investieren oder fehlen ihm die finanziellen Mittel dafür, sind das typische Gründe, die Bezugsrechte nicht anzuwenden.
Um gewinnbringend Bezugsrechte zu verkaufen, ist schnelles Handeln ratsam. Denn gerade zu Beginn der Bezugsfrist ist die Nachfrage sehr hoch. Mitunter kann der Kurs deutlich über dem aktuellen Kurs der Neuaktien liegen.
Da die meisten Aktionäre Bezugsrechte kurz vor Handelsende verkaufen, sinkt der Kurs wegen des größeren Angebots. Das ist wiederum ein guter Zeitpunkt für all jene, die Bezugsrechte kaufen und sich junge Aktien zum günstigen Preis sichern wollen.
Im Zusammenhang mit Bezugsrechten kommt dem Bezugsverhältnis eine wichtige Bedeutung zu. Es sagt aus, wie viele der neuen Aktien einem Altaktionär bei einer Kapitalerhöhung zustehen. Dafür wird die Anzahl der alten Aktien mit der Anzahl der neuen ins Verhältnis gesetzt. Wird das bisherige Stammkapital durch den Erhöhungsbetrag dividiert, ergibt sich das Bezugsverhältnis.
Nicht zu verwechseln ist das Bezugsverhältnis mit dem Trennverhältnis.
Anhand eines Beispiels lässt sich das Prinzip noch besser nachvollziehen: Eine AG erhöht ihr Stammkapital in Höhe von 1 Millionen Euro um den Betrag von 250.000 Euro. Das entspricht einem Bezugsverhältnis von 4 zu 1. Somit würde der Altaktionär für 4 seiner Altaktien eine neue erwerben dürfen. Im Allgemeinen gilt: Je mehr Aktien er bereits besitzt, umso mehr neue Wertpapiere stehen ihm zu.
Für den Bezugsrechtshandel muss der Wert des Rechts bekannt sein. Um diesen zu bestimmen, werden neben dem Kurs der alten Aktie auch der Kaufpreis der jungen Aktien sowie das eben erläuterte Bezugsverhältnis benötigt. Den Ausgabepreis der Wertpapiere – auch Bezugskurs genannt – legt das Unternehmen selbst fest. Für gewöhnlich bewegt sich dieser unter dem aktuellen Börsenkurs. So besteht ein Anreiz für die Anleger, ihr Recht auszuüben und neue Aktien zu erwerben. Nach dieser Formel wird der Wert des Bezugsrechts berechnet:
Unter bestimmten Bedingungen ist es denkbar, dass Anleger trotz der Kapitalerhöhung keine Bezugsrechte zugesprochen bekommen. Die Aktionäre können auf der Hauptversammlung über einen Ausschluss dieser Vorkaufsrechte entscheiden. Das ist ein mögliches, aber zugleich seltenes Szenario, wofür eine Mehrheit von mindestens 75 Prozent benötigt wird.
Außerdem müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Insgesamt darf das Stammkapital der AG durch die Ausgabe neuer Anteile um maximal 10 Prozent erhöht werden. Der festgelegte Preis der neuen Aktien sollte des Weiteren nur marginal unter dem aktuellen Aktienkurs liegen, wobei ein Unterschied von 5 Prozent als üblich gilt. Der Ausschluss von Bezugsrechten ist obendrein nur zulässig, wenn einer dieser Gründe vorliegt:
Die Kapitalerhöhung einer AG führt zu einer veränderten Situation für die Altaktionäre. Da die Anzahl der Aktien insgesamt steigt, würden sich rechnerisch ihre Anteile am Unternehmen und damit auch ihre Stimmrechte verringern. Um diesen auch als Verwässerungseffekt bezeichneten Nachteil auszugleichen, gibt es Bezugsrechte. Sie erlauben den Anlegern den Erwerb neuer Aktien, bevor diese öffentlich an der Börse gehandelt werden.
Die Aktionäre sind frei in ihrer Entscheidung, wie sie vorgehen. Sie können ihr Bezugsrecht ausüben, um ihre bisherige Beteiligung zu erhalten. Diese lässt sich durch den Erwerb zusätzlicher Bezugsrechte auch erhöhen. Darüber hinaus ist es denkbar, einen Teil oder gar alle Bezugsrechte zu veräußern. Der mögliche Gewinn hängt von der Nachfrage ab. Nicht ratsam ist es, untätig zu bleiben, sodass die Bank die Bezugsrechte automatisch nach Ablauf der 14-tägigen Frist verkauft. In diesem Fall kann zumeist weniger Ertrag erzielt werden.